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26. Mai 2016

Die Derbywoche - Teil 6

Den Abschluss meiner Derbywoche bin ich euch noch schuldig... Bitte verzeiht mir, dass er etwas später als erwartet kommt, aber momentan geht bei mir wieder viel drunter und drüber. Mein Abschluss steht ganz im Sinne der Pferde. So möchte ich für euch einen Rückblick auf die vergangenen Wettbewerbe werfen. 

Etwas sehr erfreuliches gleich zu Beginn: es gab verhältnismäßig wenig Stürze und keine Verletzten. Das ist angesichts der aktuell viel zu oft aufkommenden Nachrichten über verunglückte Reiter und Pferde eine sehr positive Nachricht. Als ehemalige BWL-Studentin denke ich da natürlich auch an die Veranstalter, die jedes Jahr ein wirklich tolles Turnier auf die Beine stellen. 
Beginnen wir sogleich mal mit dem Derby selbst. Von den 31 an den Start gegangenen Paaren sind unglaubliche 20 ins Ziel gekommen. Keiner davon hatte im Parcours eine fehlerfreie Runde und wir sind dieses Jahr in den Genuss eines sogenannten Vierer-Stechens gekommen. 
Für die Unkundigen unter meinen Lesern: die Wettbewerbe werden immer unterschiedlich ausgeschrieben. Manche Springwettbewerbe werden nach Fehlerpunkten (4 Punkte für einen Fehler an einem Hindernis - egal wie viele Stangen fallen, 4 Punkte für eine Verweigerung, international wird das Paar nach der 2. Verweigerung ausgeschlossen, ein Sturz führt zum sofortigen Ausscheiden) und Zeit, die das Paar für die Überwindung des Parcours benötigt, gerichtet. Wenn ein Wettbewerb mit Stechen ausgeschrieben ist, können sich dafür die Paare qualifizieren, die die wenigsten Fehlerpunkte aus dem Parcours mitnehmen. Sobald also zwei Paare 0 Fehler haben, wird der Sieger im anschließenden Stechen festgestellt. Gibt es kein Paar mit 0 Fehlern, jedoch mehrere mit 4 Fehlern, dann gibt es das sogenannte Vierer-Stechen. Die Fehler werden nicht übernommen, alle Reiter starten im Stechen wieder bei 0 und der Reiter mit der schnellsten Zeit und möglichst ohne Fehler siegt. 
Im Falle des diesjährigen Derbys hat es kein Paar ohne Fehler aus dem Parcours geschafft, jedoch waren 9 Paare mit lediglich 4 Fehlerpunkten für das Stechen qualifiziert, was von der unglaublich hohen Qualität der Pferd-Reiter-Paare zeugt. Und es versprach weiterhin spannend zu bleiben. Nicht dass das eigentliche Derby schon spannend genug wäre. Ich finde es jedes Jahr auf's Neue unglaublich, wie leise es wird, wenn ein Paar sich den schweren Hürden des Parcours stellt. Ist eine davon überwunden, bricht kurz ein Jubel aus, der aber sofort wieder in absoluter Stille mündet. Wirklich beachtenswert bei einem derart gefüllten, ausverkauften Stadion. 
Das Stechen war dann wie zu erwarten ebenfalls mit Spannung gefüllt. Letztlich blieben Nigel Coupe (GBR) auf Golvers Hill, André Thieme (GER) auf Voigtsdorfs Quonschbob und Lokalmatadorin Janne Friederike Meyer (GER) auf Cellagon Anna im Stechen fehlerfrei und sicherten sich die Plätze 2 bis 4. Gewinner wurde der Ire Billy Twomey auf seinem Diaghilev. Das Paar hat mich die ganzen Tage über immer wieder überzeugt mit wirklich tollen, sehenswerten Runden in den Qualifikationen. Ein absolut verdienter Sieg.


Die Tage davor waren natürlich auch bereits voll gepackt mit packenden, tollen Prüfungen. Es waren Reiter aus den verschiedensten Ländern angereist, fast die gesamte Weltspitze des Springsports hatte sich versammelt und für die großen Prüfungen - den Großen Preis von Hamburg (Mercedes-Benz Championat) und die Longines Global Champions Tour ihre Top-Pferde genannt. 

Mein persönliches Highlight war jedoch die neue Prüfungsart, die erst in diesem Jahr ihre Premiere gefeiert hat: die Global Champions League. Sicherlich kann man jetzt sagen, dass es wieder nur eine weitere Prüfung ist, in der es um unverschämt viel Geld geht und die Pferde ja nur als Sportmittel gesehen werden, aber so ist nun mal die Realität. Alle Reiter (zumindest min. 95 %), die bei dieser Art von Turnieren an den Start gehen, verdienen damit ihr Geld. Sie haben keine langweiligen Bürojobs oder stehen von Montag bis Freitag auf der Baustelle. Sie reiten Pferde, bilden sie aus, stellen sie auf Turnieren vor und verkaufen sie. Das ist ihre Arbeit, damit verdienen sie sich ihren Lebensunterhalt. Dass der Pferdesport ein sehr teures Hobby ist, wissen die meisten von euch. Wer kann es den Reitern also verübeln, auch die hochprämierten Wettbewerbe zu bestreiten? 
Und was ich in Hamburg gesehen habe, hat mich doch etwas glücklich gemacht. Die Zeit, die ich wie immer am Abreiteplatz verbracht habe, hat mir gezeigt, dass ein Umdenkprozess stattgefunden hat. Ob die Reiter ihre Reitweise in der Öffentlichkeit angepasst haben, sei mal dahingestellt. Aber viele haben einen sehr ehrlichen Eindruck hinterlassen, so dass ich davon ausgehe, dass die "vorgestellten" Reitweisen auch die sind, die zu Hause auf den Anlagen geritten werden und nicht so gezeigt wurden, damit sie den Medien und den allwissenden Reitfans in den Kram passen. Es gab nur wenige Reiter, die ihre Pferde etwas zu eng geritten sind. Die meisten haben wirklich nur Sekunden den Kopf rangeholt und danach wieder lang gelassen. Das habe ich in den letzten Jahren auch schon anders gesehen... Wie auch immer. 

Die Global Champions League ist ein Team-Wettbewerb. Allein das ist schon wirklich interessant anzusehen, da im Springsport viel zu selten in Teams geritten wird. Zu Beginn dieser neuen Prüfungsserie wurden also Teams gebildet, die Reiter konnten sich dazu - soweit ich informiert bin - selbstständig zusammenfinden. Rausgekommen sind 15 Teams zu je 5 Reitern. Alle Teams tragen die Namen der Austragungsorte. So gibt es die Valkenswaard United, Monaco Aces oder Shanghai Swans. An jedem Austragungsort starten jeweils 2 Reiter pro Team. Die Teams selbst kann man sehr gut auseinander halten, da sie sich in ihren "Polo-Turnier-Shirts" farblich voneinander absetzen. Die meisten Teams haben zudem ihren Pferden sogar passende Schabracken und Fliegenmützchen verpasst. Die Farben spiegeln das jeweilige Team-Logo wider. Hier war wirklich viel Kreativität am Werk. Zudem hat jedes Team sein eigenes "Lied". Dieses wird beim jeweiligen Ritt des Teamreiters gespielt. Also Reiten zu Musik - wirklich toll. Da lief Eye of the Tiger oder die Titelmusik des A-Teams. 
Die beste Musik-Auswahl hat hierbei das Team aus Qatar getroffen - die Doha Fursan Qatar. Die haben es tatsächlich wahr gemacht und die tolle Titelmusik von Game of Thrones gewählt. Sehr imposant. Ich habe das mal versucht, mit dem Handy einzufangen - es ist nicht die beste Qualität, aber ich glaube, man kann die Musik im Hintergrund hören?! 

  

In Hamburg hat das bisher führende Team erneut dominiert. Valkenswaard United hat mit seinen Reitern Bertram Allen und John Whitaker allen gezeigt, wo der Haken hängt. Dabei auch wieder einmal Hut ab vor Mr. Whitaker. Die beiden Reiter trennen sage und schreibe 40 Jahre, aber er stand seinem jungen, wilden Kollegen in nichts nach und hat einige blitzsaubere Runden geliefert. Tolle Ritte, tolle musikalische Untermalung und damit eine gelungene Premiere dieser neuen Wettbewerbs-Form. 

Ein ebenfalls immer wieder spannender und vor allem actiongeladener Wettbewerb ist das Speed-Derby, bei dem Teile des Derby-Parcours in abgewandelter Form überwunden werden müssen. Dabei werden die Reiter von fetziger Musik unterstützt - gepaart mit äußerst amüsanten Pointen des Sprechers. So wurde André Plath mit folgenden Worten angefeuert: "Bloß nicht anfangen mit taktieren, jetzt gibt es nur Vollgas." Aus Gilbert Tillmann wurde Gilli Tilli mit dem Hinweis "Wir wollen jetzt hier aber keine Versammlung sehen". Wirklich lustig, wie die Stimmung immer wieder kleine Höhepunkte findet. Auch deshalb mag ich das Turnier in Hamburg so sehr, weil es neben dem ganz großen Sport immer noch wichtig ist, Spaß am Sport zu haben. Und den haben die Teilnehmer jedes Jahr auf's Neue. 

Ansonsten gab es von Mittwoch bis Sonntag absolut tollen Sport der Extraklasse zu sehen. Allerdings ist mir aufgefallen, dass der Rasen auf dem großen Derby-Springplatz in diesem Jahr so seine Tücken hatte und scheinbar auch nicht ganz den Erwartungen der Veranstalter entsprach. So wurde in diesem Jahr nach jedem Springen der komplette Platz mit einer großen Walze begradigt, was ich noch nie gesehen hatte. Sonst war es üblich, dass man abends nach dem letzten Springen einmal mit der Walze drüber fuhr, aber nach jedem Springen war doch äußerst unüblich. Auch sind dieses Jahr verhältnismäßig viele Pferde trotz langer Rasenstollen ausgerutscht. Wobei man auch hier einige Momente erleben konnte, wo einem der Atem stockte. Leider fielen einige Reiter durch Wegrurgrutschen vom Pferd, andere wiederum zeigten ihre absolute Weltklasse. So rutschte im Springen der Global Champions Tour das Pferd von John Whitaker unglücklich weg, konnte sich jedoch mit einem Ausfallschritt wieder berappeln. Der von diesem Missgeschick überraschte Reiter geriet kurz ins Straucheln, hing wirklich schief und ohne Bügel im Sattel, hat aber blitzschnell reagiert und sich mit einer super Manier inklusive Pferd über den viel zu schnell nahenden Steilsprung gerettet. Sowohl Publikum als auch der Richterturm waren davon so begeistert, dass er Applaus und ein "Well done, John" bekam. Wirklich großartig anzusehen, was der altgediegene Mr. Whitaker immer wieder aus dem Sattel zaubert.

Ihr seht, ich war wie jedes Jahr restlos begeistert. Das Wetter hat dieses Jahr so richtig gezeigt, wie es im Urlaub sein muss - wir hatten nicht einen Tag Wolken auf dem Derbyplatz, es war sogar fast zu warm. Bereits am ersten Tag gab es einen Sonnenbrand, aber was tut man nicht alles für den Reitsport. 

Liebe Grüße, 
eure Steffi.

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