Herzlich Willkommen zum 4. Teil meiner Blogreihe: Erklärtes
Reiten. Ein Thema, was mich von Anfang an beschäftigt hat, war die Versammlung.
Damit zusammenhängend muss man sich mit dem Reiten auf der Hinterhand, was ja
das Versammeln voraussetzt, beschäftigen. Wie ich das gemacht habe, erzähle ich
euch in diesem Beitrag.
Von der Vorderhand auf die Hinterhand
Wie bekommt man ein auf der Vorderhand laufendes Pferd auf
die Hinterhand gesetzt? Eine simple Frage mit einer vermeintlich ebenso einfachen Antwort: durch sehr viele Übergänge und
Tempiunterschiede. Viele Reiter denken jetzt sicherlich, man muss immer nach einem Prinzip
reiten: Schritt zum Warmmachen, Trab zum Lösen, Galopp zum Arbeiten. Kann man
machen, muss man aber nicht. Es gibt so viele zahlreiche Varianten für abwechslungsreiche Trainingseinheiten. Allein den Schritt kann man mit einfachen Mitteln attraktiv und interessant gestalten.
Hier mal ein paar Ideen meinerseits, wie ich Tempiwechsel erarbeite und mir meine Ritte einteile: Zu Beginn einige Runden Schritt am
langen, hingegebenen Zügel (nach Möglichkeit an der Schnalle anfassen). Das Pferd
nicht schlurfen lassen, sondern fleißig vorwärts reiten. So können die Muskeln
schon mal angewärmt werden, während das Pferd noch locker geht und sich auf die
kommenden Aufgaben vorbereitet. Nach einigen Runden antraben, leichttraben. Entweder weiter
am langen Zügel (Verbindung muss vorhanden sein) oder mit verkürztem Zügel und
dann immer wieder mit Paraden die Zügel aus der Hand kauen lassen und wieder
aufnehmen. Das kommt meist auf die Form des Pferdes an. Man merkt irgendwann, ob es zu Beginn lieber vorwärts / abwärts oder eher kürzer gehen möchte. Ich reite meist ein paar Runden am langen Zügel v/a außen herum, nehme
dann nach und nach auf, reite groß angelegte Zirkel, verkürze die Zügel und
lasse sie wieder aus der Hand kauen. Regelmäßige Handwechsel bringen
Abwechslung, ebenso wie auf dem zweiten Hufschlag oder dem Mittelzirkel zu reiten.
Durch die Paraden wird das Pferd munter und merkt, dass es aufmerksam dem
Reiter und seinen Hilfen folgen soll. Die Zügel aus der Hand kauen zu lassen
und dann wieder aufzunehmen fördert die Durchlässigkeit und das Aufwärmen. Wenn
das Pferd schon lockerer ist, kann man große, einfache Schlangenlinien
reiten und gegebenenfalls schon mal Schenkelweichen oder Anhalten. Je nach Pferd und Lockerungsgrad legt man dann entweder eine
Schrittpause am hingegeben oder langen Zügel ein oder geht direkt zum Galopp über.
Auch hier beginne ich meist mit längeren Zügeln den Galopp, oftmals auch im
leichten Sitz. Erst außen rum, dann große Zirkel, die wieder kleiner
werden. Spätestens nach der lockeren Galopparbeit solltet ihr eine Pause
einbauen. Gebt eurem Pferd die Möglichkeit, etwas zu verschnaufen und zu
entspannen. Diese Pausen haben auch nichts mit fehlender Kondition oder
Faulheit zu tun. Eure Pferde werden es euch danken, wenn ihr immer wieder
Schrittpausen einbaut. So können sie die vorherigen Aufgaben verarbeiten und
bleiben weiter motiviert und entspannt. Allerdings sollt ihr im Schritt nicht
nur drauf sitzen und euch tragen lassen, ihr könnt immer wieder Lektionen einbauen.
Meist übe ich nur mit Gewichtshilfen das Anhalten, Handwechsel oder auf dem Zirkel gehen. Etwas ungezwungenere Übungen helfen eurem Pferd aufmerksam zu
bleiben. Und der Übergang in die Arbeitsphase kommt nicht zu abrupt oder gar
einstudiert sondern individuell und jedes Mal etwas anders. Jetzt könnt ihr die Zügel
nachfassen und komplexere Übungen im Schritt fordern wie Rückwärts richten, Schenkelweichen,
Schulterherein, Travers etc. Jetzt fange ich meist mit den Übungen für die Versammlung an.
Und wozu nun Tempiunterschiede?
Tempiunterschiede reiten bedeutet nicht ausschließlich vom
Schritt in den Trab in den Galopp und zurück zu wechseln, sondern man kann auch
innerhalb der Gangart das Tempo wechseln. Vielleicht habt ihr in
Dressuraufgaben bereits die Worte Versammeln, Arbeitstempo, Mittel(-schritt,
-trab, oder -galopp) und starker Schritt, Trab bzw. Galopp
gelesen?
Der
Unterschied dieser Tempiwechsel liegt in der abwechselnden Trag- und
Schubkraftverteilung der Hinterhand. Wie
der Name schon sagt, sorgt die Tragkraft für eine Umkehr der Kraft nach oben
statt nach vorn und trägt das Pferd vermehrt auf der Stelle. Hingegen entwickelt
das Pferd mit der Schubkraft Energie, um verstärkt nach vorn zu schwingen, es wird
förmlich durch die Hinterhand vorgeschoben. Beim Arbeitstempo halten sich Trag-
und Schubkraft die Waage, weshalb dieses Tempo im Trab und Galopp als natürlich
angesehen wird und dem Pferd am besten hilft, seinen Takt zu finden. Das
mittlere Tempo ist eine erste Verstärkung, in der die Schubkraft stärker als
die Tragkraft wirkt. Beim starken Tempo entwickelt die Schubkraft der
Hinterhand ihre maximale Entfaltung. Das Pferd läuft sehr raumgreifend und
schwebt sichtbar. Erkennbar sind die verschiedenen Tempi auch in der Hufspur. Bei
der Versammlung treten die Hinterhufe maximal in die Spur der Vorderhufe,
während im Arbeitstempo ein Übertreten um ein bis zwei Huflängen, beim
verstärkten Tempo sogar noch mehr gewünscht ist. Die
Versammlung ist dann die Vorstufe für zahlreiche Dressurlektionen. Das Pferd lernt
sich zu setzen und die Tragkraft seiner Hinterhand einzeln zu nutzen.
Doch
warum benötige ich nun Tempiunterschiede, um eine Versammlung zu erreichen?
Ganz einfach. Wenn ich mein Pferd nach vorn schicke, sollte ich es auch wieder
zurückholen können. Wenn es verstanden hat, dass eine Verstärkung innerhalb
einer Gangart möglich ist, wird es auch verstehen, dass man es versammeln kann.
Um wieder zu unserem Ausgangsproblem zurückzukommen, dass ein Pferd gar nicht
erst auf der Hinterhand läuft, nutzt man eben dieses Wissen um die Kräfte der
Hinterhand und setzt sie zum Training ein. Ich schicke es also erst mal im Trab
voraus. Ein paar Tritte reichen meist aus, da diese Verstärkung vom Pferd sehr
viel Kraft abverlangt. Folgt das Pferd mit mehr Tempo, gebe ich Paraden, bis es
wieder im Arbeitstempo geht. Wenn das gut funktioniert und ich mein Pferd wann immer ich möchte nach vorn schicken kann, hole ich es aus dem Arbeitstempo zurück. Dabei bleibe
ich mit meinen Hilfen gleich, sitze jedoch vermehrt mit meinem Gesäß ein und nehme
Tempo raus. Richtig ist es, wenn man merkt, wie der Hintern vom Pferd leicht
nach unten geht. Dann nimmt das Pferd Last mit der Hinterhand auf und setzt
sich mit der Kruppe. Das hört sich zwar jetzt alles sehr theoretisch an, aber
wenn es klappt, werdet ihr es merken. Es fühlt sich übertrieben so an, als wenn euer Pferd mit seinem Hintern bremsen möchte. Vielleicht kennt ihr das bei Western Pferden, wenn sie den bekannten Sliding Stop einleiten. So ungefähr kann man sich das vorstellen. ;-)
Viele
Tempiunterschiede schulen also die Sensibilität des Pferdes seine Hinterhand
aktiver einzusetzen. Und genau da wollen wir ja hin. Ein Pferd mit aktiver
Hinterhand.
Wer noch mehr Info's zum Thema Tempowechsel innerhalb der Gangarten sucht, findet hier eine tolle Übersicht: Tipps zum Pferd. Das soll es von mir zu diesem Thema auch schon gewesen sein.
Liebe Grüße,
eure Steffi.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen